Auch die Muntionsfabriken gehören zur Geschichte und so mache ich den Anfang mit dem wohl berühmtesten Werk von allen, der Munitionsfabrik Krümmel in meiner Heimatstadt Geesthacht. Hier wurden Sprengstoffe und Munition für die Kriege 1866, 1871 sowie für die beiden Weltkriege produziert und auch an viele Länder auf der ganzen Welt geliefert. In diesem Werk wurde das Dynamit und viele andere neuartige Sprengstoffe und Pulversorten erfunden, die das bis dahin dominierende Schwarzpulver verdrängten. Im Jahre 1860 meldete der schwedische Chemiker und Erfinder Alfred Nobel sein erstes Patent an, das Sprengöl, eine Mischung aus Schwarzpulver und Nitroglycerin und im Oktober 1863 wurden Nobel die Rechte an dieser Erfindung zugeteilt. Im September 1864 starb sein Bruder Emil und vier weitere Menschen bei einer Explosion in seinem Laboratorium. Alfred Nobel suchte nach einem geeigneten Platz zur Herstellung seines Sprengöls und im Jahre 1865 fand er ihn in Krümmel, am Rande der Stadt Geesthacht in Schleswig-Holstein. Dieses Gebiet war besonders geeignet da der Krümmel nur gering besiedelt war, es gab viele Schluchten und Hügel, außerdem war die Nähe zur Elbe sehr vorteilhaft. Er erwarb ein 42 ha großes Gelände und bekam von der Königlich-Preussisch-Herzogliche Lauenburger Regierung die Genehmigung zur Errichtung einer chemischen Fabrik zur Herstellung von Sprengöl. Am 8. November 1865 begann der Aufbau der Fabrik und im Mai 1866 wurde sie durch die Selbstzündung von Nitroglyzerin zerstört. Im August 1866 begann der Wiederaufbau und Alfred Nobel experimentierte um das gefährliche Nitroglyzerin sicherer zu machen. Im Oktober 1866 fand Nobel heraus, daß ein Vermischen des Nitroglyzerin mit gebrannter Kieselgur die gefährlichen Eigenschaften fast gänzlich beseitigte und er bezeichnete es als Gur-Dynamit. Da Kieselgur keine explosiven Eigenschaften hatte und bei Sprengungen unter Wasser das Nitroglyzerin aus den Patronen ausgelaugt wurde, experimentierte er weiter. Nach vielen weiteren Versuchen fand Nobel im Jahre 1875, daß nitrierte Baumwolle, sogenannte Kollodiumwolle, mit Glyzerin eine plastische Masse bildet, die gegen die Einwirkung des Wasser unempfindlich ist. Beides waren hochbrisante Stoffe und Alfred Nobel nannte den neu erfundenen Sprengstoff Sprenggelantine. Durch das Einkneten verbrennbarer Substanzen, sogenannter Zumischpulver, konnten Sprengstoffe beliebiger Stärkegrade hergestellt werden, diese wurde Gelantine-Dynamite genannt. Dieser Sprengstoff setzte sich auf der ganzen Welt durch und verdrängte das Schwarzpulver. Im Jahre 1867 war die Jahresproduktionsmenge an Sprengstoff 11t, 1869 waren es 185t und 1870 war die Jahresproduktionsmenge bereits auf 424t gestiegen. Die Fabrik wird ständig vergrößert und durch Geländekäufe erweitert. Am 9. November 1877 wird die Dynamit AG (vormals Alfred Nobel & Co, Hamburg) in das Handelsregister beim Hamburger Landgericht eingetragen. Im Jahre 1910 ist Krümmel die größte Sprengstoff-Fabrik des Kontinents mit ca. 600 Mitarbeitern. Es wird Dynamit, Nitrozellulose, Pulverrohmasse, Ammonsalpeter, Salpetersäure, Schwefelsäure und Glycerin hergestellt. Im Rahmen des Hindenburg-Programms wird die Fabrik sehr stark vergrößert und 1917 sind 2750 Arbeiter beschäftigt. Nach Beendigung des 1. Weltkrieges erfolgt eine Teildemontage der Munitionsfabrik und der Ausbau sämtlicher Maschinen. Ab 1933 werden viele neue Gebäude errichtet und die Anzahl der Beschäftigten steigt. 1943 wird Krümmel zum Kriegsmusterbetrieb ernannt. Zwischen 1939 und 1945 wurden über 200 neue militärische Gebäude errichtet und 1945 bestand sie aus über 750 Gebäuden. Am 7. April 1945 erfolgt ein schwerer Luftangriff und die Munitionsfabrik stellt zum größten Teil ihre Produktion ein. Am 30. April wird Krümmel von den Engländern besetzt und in den Nachkriegsjahren erfolgt die komplette Demontage der Fabrik. Falls Interesse besteht könnte ich genauer auf alle Einzelheiten eingehen und auch von der zweiten Munitionfabrik in Düneberg berichten. Im Anhang sind einige Bilder vom heutigen Zustand des Geländes. Bild 1: Wasserturm der 1917 im Rahmen des Hindenburg-Programms fertiggestellt wurde. Bild 2: Diese Ein-Mann-Brandwache steht direkt neben dem Wasserturm und davon gab und gibt es immer noch sehr viele auf dem Gelände der Fabrik. Bei einfliegenden Bomberverbänden mußte jeweils ein Mitarbeiter Wache schieben und die Bombeneinschläge an die Werksfeuerwehr durchgeben. Bild 3 und 4: Innenansicht des Wasserturms
Hallo Richthofen, klasse Beitrag, vielen herzlichen Dank. Dein hier geschilderter Bericht und die Informationen über Krümmel als Munitionsfabrik, waren mir bisher völlig unbekannt, obwohl ich in Hamburg lebe. Ist das Gelände problemlos zu begehen, würde es mir gerne mal anschauen ? Danke und viele Grüße, Hanseat
Hallo!! ja schöner beitrag ich würde auch gerne mal mir das Arial ansehen. Wie komme ich denn da hin ich komme auf der A7 aus Richtung Hannover? MfSg Achim
Ich vermute mal, man sollte in der Gegend keine Pilze sammeln und vor allem nicht essen... Interessanter Beitrag!
Vielen Dank an alle für die netten Worte. @Hanseat - Seltsamerweise findet man nur sehr wenig Informationen über die Munitionsfabrik im Internet, auch an den Geesthachter Schulen wird darüber nicht berichtet und das obwohl im Ortsteil Krümmel das weltweit bekannte Dynamit erfunden wurde. Weite Teile des Geländes sind nicht begehbar da das Kernkraftwerk, das GKSS Forschungszentrum und weitere Firmen dort ansässig sind. Einiges ist auch umzäunt da diese Bereiche zu gefährlich sind, aber es gibt genügend freie und begehbare Zonen. @Achim - Wenn Du aus Hannover kommst, mußt Du im Kreuz Hamburg Süd auf die A25 Richtung Geesthacht fahren. Am Ende der Autobahn 25 ist eine Ampel und dort biegst Du rechts ab. Nach ca. 2 Kilometern die Abfahrt Geesthacht nehmen, dann links abbiegen und an der Elbuferstraße ca. 4 Kilometer fahren, dann kommst Du direkt nach Krümmel. @Andy - Das was Du gesehen hast ist das Gelände der Munitionsfabrik Düneberg und von dieser Fabrik werde ich in den nächsten Tagen berichten, ich habe dort im letzten Jahr einige Fotos gemacht. Das Gebiet in Düneberg ist komplett frei begehbar und meiner Meinung nach sehr interessant. Am Rande des Fabrikgeländes ist der Übungsplatz der Polizei. @RIR 81- Ganz in der Nähe sind sogar noch zwei Kernreaktoren. *grins* Eventuell könnten sich auch mehrere Mitglieder absprechen und zusammen Krümmel und Düneberg besuchen, macht sicherlich mehr Spaß als alleine und man lernt sich auch mal kennen. Wenn man schonmal in der Gegend ist, dann sollte man eine 20 minütige Autofahrt auf sich nehmen und Friedrichsruh besuchen. Dort ist das Mausoleum in dem Otto von Bismarck bestattet ist. Das Bismarck Museum ist nur wenige Meter entfernt und die Ausstellung ist sagenhaft. Ich könnte ein paar Fotos und einen kleinen Bericht übers Museum einstellen, ich weiß nur nicht in welches Unterforum. Gruss Stephan