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Rechen- Denkhilfe erbeten

Dieses Thema im Forum "Schnell gefragt" wurde erstellt von Amberg, Apr. 27, 2021.

  1. Amberg

    Amberg Super-Moderator z.D. / Sponsor AbzeichenSumo AbzeichenSponsorNeu

    Moin zusammen,
    ich grübel gerade über einer Frage vom Kollegen DK:
    Es geht um das Leuchtvisier für das Gewehr 98.
    ab: https://www.feldgrau-forum.com/threads/rund-um-das-gewehr-98.13814/page-9 #177

    Wenn Wiki ( http://genwiki.genealogy.net/Infanterie_(WK1) ) nicht lügt, hatten wir im 1.WK ungefähr 740 Infanterie und Jäger Regimenter. Jedes Regiment mit 12 Schützen-Kompanien.
    Stimmt das soweit?
    740 x 12 macht 8880 Kompanien. Also grob aufgerundet 10.000.
    (Marine-Infanterie und Kavallerie-Schützen sollten also mit drin sein. Wobei die Kavallerie-Schützen wohl hauptsächlich Karabiner 98 hatten, auf die das Visier nicht passte.)
    Lt. Herrn Dr. Storz in "Gewehr & Karabiner 98" wurden mindestens 550.000 Leuchtvisiere geliefert.
    550.000 Visiere : 10.000 Kompanien = 55
    Das wären also min. 55 Leuchtvisiere pro Schützen-Kompanie.
    Wenn das stimmen würde, müsste man doch auf min. jedem 2. Foto von 1918, auf dem ein Gewehr zu erkennen ist auch so ein "schwindliges" Leuchtvisier sehen. Zumal Herr Dr. Storz von einer erheblich größeren Menge an gelieferten Leuchtvisieren ausgeht.
    Hinzu kommt noch, dass diese Leuchtvisiere vorrangig/ausschliesslich an die Westfront gingen.

    Wo ist mein Rechen- / Denkfehler??

    Vielen Dank
    Gruß
    Wolfgang
     
  2. Deichkind

    Deichkind Super-Moderator / Ehrenmitglied Mitarbeiter AbzeichenSumo

    Vielleicht hast nicht Du den Fehler gemacht, sondern Dr. Storz und es gab nicht 550.000, sondern 55.000 Gewehre?
    D.
     
  3. Ruhrpottpreuße

    Ruhrpottpreuße Administrator / Sponsor Mitarbeiter AbzeichenAdmin AbzeichenSponsorNeu

    Etwas genauer:
    Cron schreibt sinngemäß:
    Planmäßig mobil (ohne Jäger und Landsturm):
    218 IR
    113 RIR
    75 LIR
    Zus. 406 Regimenter
    Rechnet man die Brig.Ers.Btle (86) als 29 Regimenter hinzu, so ergäben sich 435 Regimenter.
    Im Laufe des Krieges gab es noch weitere Aufstellungen, so daß wir auf 700 Regimneter kommen.
    364 IR
    197 RIR
    125 LIR
    10 EIR
    4 REIR
    zus. 700 Regimenter
    + 16 Jäger und 27 mobile Ldst. Rgter.
    58 Regimenter wurden vor Kriegsende wieder aufgelöst.
     
  4. Amberg

    Amberg Super-Moderator z.D. / Sponsor AbzeichenSumo AbzeichenSponsorNeu

    Danke!
    Also 700 Regimenter à 12 Kompanien = 8400
    550.000 : 8400 = ungefähr 65,5 Leuchtvisiere pro Kompanie ..... ????
    Das erscheint mir doch sehr fragwürdig!
    Da gefällt mir der Einwand vom Kollegen Deichkind doch eher.
    Ich werde doch mal wieder den Herrn Dr. Storz belästigen müssen und nachfragen, ob sich bei den Liefermengen Tippfehler eingeschlichen haben.

    Auf der anderen Seite wurden bei den Bayern im August 1915 273.700 Hilfsvisiere (Nahkorn) an die Ersatz-Truppen ausgeliefert, nachdem alle Feldtruppen ausgestattet waren. Diese Dinger findet man auch so gut wie garnicht auf Fotos.

    Gruß
    Wolfgang
     
  5. Maxim

    Maxim Sehr aktives Mitglied AbzeichenUser AbzeichenSponsorNeu

    Moin Kollegen,

    Ich glaube es gibt noch eine weitere Erklärung. Was sich in der Theorie und auf dem Schießplatz ganz gut anläßt, versagt in der Praxis des Grabenkrieges.

    Eckardt-Morawietz, Die Handwaffen des brandenburgisch-preußisch-deutschen Heeres schreiben auf S.197f:
    "Die Leuchtvisierung entsprach einem Wunsch der Truppe, aber der feuertaktische Wert war bedeutungslos.Bei einer Dämmerung, die das natürliche Visier und Korn noch einigermaßen erkennen ließen, war die Leuchtvisierung überflüssig. War die Dunkelheit noch weiter vorgeschritten...störte eine leuchtende Visierung nur, denn sie blendete das zielende Auge, so daß es in der Dunkelheit dahinter nichts mehr erkennen konnte, gegen wen es zielen sollte."

    Dr. Storz ist bei der Abfassung und der Redigierung von Texten- sagen wir mal- extrem genau. Das er sich um eine Zehner-Potenz vertut und das gleich dreimal ist mMn unwahrscheinlich.

    Die Visiere sind an die Truppe in großer Zahl ausgegeben, dort nicht für gut befunden und dann vermutlich auf dem Gefreiten-Dienstweg entsorgt worden.

    Die Reichswehr verwendete sie zumindest nicht weiter.
     
  6. Mainschiffer

    Mainschiffer Moderator / Sponsor Mitarbeiter AbzeichenMod AbzeichenSponsorNeu

    Maxim spricht einen Punkt an, an den ich beim Lesen des Einleitungsbeitrags auch gleich dachte: Unabhängig von der Frage, wieviele dieser Visiere tatsächlich geliefert wurden, waren diese ja nicht gleichzeitig an der Front, sondern wurden über einen längeren Zeitraum an die Truppe abgegeben. In dieser Zeit gab es dann -ob absichtlich, wie Maxim andeutet- oder unbeabsichtigt, auch wieder einen Schwund, so dass die Stückzahl, die gleichzeitig an der Front war, auch aus diesem Grund geringer war.

    Stefan
     
  7. Deichkind

    Deichkind Super-Moderator / Ehrenmitglied Mitarbeiter AbzeichenSumo

    Gute Anmerkungen von euch!
    D.
     
  8. Maxim

    Maxim Sehr aktives Mitglied AbzeichenUser AbzeichenSponsorNeu

    Moin Stefan,
    das war eigentlich nicht mein Argument.

    Ich bezog mich auf die Aussage von Eckardt (s.O)
    Otl. Eckardt war vor 1914 Assistent der Gewehr Prüfungskommission und dann in der Reichswehr in der Inspektion Waffen und Gerät.
    Und der kommt zum Urteil "feuertaktisch bedeutungslos".
    Storz belegt, dass die Visiere im letzten Kriegsjahr an die (West) Front gelangten.
    Und ich habe die Vermutung, der Gefreite im Graben gelangte zu einem ähnlichen Ergebnis wie Eckardt und belastete sich nicht länger mit dem Visier.
     
  9. Amberg

    Amberg Super-Moderator z.D. / Sponsor AbzeichenSumo AbzeichenSponsorNeu

    Moin,
    Das könnte natürlich auch sein.
    Trotzdem verwundert mich der Umfang der Bestellung/Auslieferung.
    Vom Fliegerkorn (Mod. Dr. Oechelhäuser) wurden im April 1915 (lt. Dr. Storz) 110.000 Stück bestellt und ausgeliefert. An der Front für unbrauchbar befunden und nicht weiter gefertigt/ausgeliefert.
    Beim Leuchtvisier sprechen wir aber min. von der 5-fachen Bestellmenge und das obwohl der Anschaffungspreis wohl erheblich über dem des Fliegerkorns lag.
    Wir reden immerhin von Blech, Glas und radioaktiven Substanzen die zusammengebastelt werden mussten, während das Fliegerkorn nur aus Blech bestand.

    OK, dann gehen wir davon aus, dass nur ein Drittel verausgabt wurde und der Rest auf der Kammer blieb. Das wären dann aber immer noch ca. 20 Stück pro Kompanie. Scharfschützen gab es wesentlich weniger und Fotos von denen findet man (fast) an jeder Straßenecke. :rolleyes:

    Im übrigen gibt es ein Schreiben von der xy? Reichswehr Division (muss ich raussuchen) an das Kriegsministerium, ob denn geplant sei, zu den neuen Visieren auf den Gewehren auch neue Leuchtvisiere anzuschaffen. Die alten Leuchtvisiere (aus dem Krieg) würden ja nicht mehr passen.
    Also ganz so untauglich/ungeliebt waren die Dinger vielleicht doch nicht und die Reichswehr hatte sie auf alle Fälle noch im Bestand.

    Danke
    Gruß
    Wolfgang
     
    Zuletzt bearbeitet: Apr. 27, 2021
  10. Maxim

    Maxim Sehr aktives Mitglied AbzeichenUser AbzeichenSponsorNeu

    Moin Wolfgang,
    tja die Armee ist eben auch eine bürokratische Institution und wenn man sich mal entschieden hat, etwas zu machen und wenn dann auch noch die Unterschrift eines Großkopferten unter der Bestellung steht, dann zieht man das durch.
    Beispiel aus der Jetzt-Zeit : Gorch Fock, Kosten genehmigt durch den Rüstungsstaatssekretär, einen Generalleutnant aD, da riskiert kein Fregattenkapitän mehr seinen Hals.

    Aber die Sache mit der xy Rw Division wäre schon interessant.
    Seit 1923 ist Eckardt ja Leiter der Infanterieabteilung in der IWG .
     
  11. Amberg

    Amberg Super-Moderator z.D. / Sponsor AbzeichenSumo AbzeichenSponsorNeu

    Moin,
    zu dem oben erwähnten Schreiben:

    Es ging am 16. Juni 1924 von der 3. Division an das Reichswehrministerium.

    "Die bei den Truppen vorhandenen Leuchtvisiere für Gewehr 98 lassen sich auf dem neuen 100 m Visier nicht anbringen.
    Es wird um Mitteilung gebeten, ob eine Umänderung der bisherigen Leuchtvisiere zum Gew. 98, oder eine Neulieferung in Frage kommt."


    Antwort:
    "Eine Umänderung der bisherigen Leuchtvisiere kommt nicht mehr in Frage, da ein neues Leuchtvisier bei I.W.G. bereits im Versuch ist."

    Die Jungs haben also sogar ein neues Leuchtvisier entwickeln lassen. Ob dann Eckardt mit seiner Beurteilung sooo richtig lag?.

    Danke
    Gruß
    Wolfgang
     
  12. Amberg

    Amberg Super-Moderator z.D. / Sponsor AbzeichenSumo AbzeichenSponsorNeu

    Moin,
    bevor wir hier komplett abschweifen:
    Hab' ich in meiner Überlegung aus #1 irgendeine Truppengattung vergessen, die evtl. auch noch mit diesen Leuchtvisieren ausgestattet worden sein könnte?
    Die Schneeschuhler und evtl. noch die Pioniere.
    Artillerie, Kavallerie, Flieger, Train, Verkehrstruppen und sowas, wohl eher nicht.
    Danke
    Gruß
    Wolfgang
     
  13. Maxim

    Maxim Sehr aktives Mitglied AbzeichenUser AbzeichenSponsorNeu

    Da bin ich mir sogar ziemlich sicher
    Leiter W2 Infanterie der IWG war 1924 der Major Eckardt
     
  14. Amberg

    Amberg Super-Moderator z.D. / Sponsor AbzeichenSumo AbzeichenSponsorNeu

    Warum hat er dann während seiner Dienstzeit bei der IWG ein neues Leutvisier entwickeln lassen, und das Projekt nicht gleich in die Tonne getreten?
    Schon irgendwie merkwürdig.
     
  15. Maxim

    Maxim Sehr aktives Mitglied AbzeichenUser AbzeichenSponsorNeu

    Wie Eckardt schreibt (Handwaffen), kommt der Ruf nach irgendeinem Nachtvisier während des Weltkrieges aus der Truppe.
    Dann bastelt man etwas, was sich allerdings nicht bewährt.
    1924 fragt dann die 3. Division an, was man mit den alten Leuchtvisieren machen soll.
    Und Eckardt als zuständiger Referent antwortet, "wir arbeiten an einem funktionierendem System".
    Ganz normaler bürokratischer Schriftwechsel.

    Da ich mich für Waffen nach 1918 nicht so interessiere, wäre jetzt zu Fragen, ob aus diesen Versuchen für ein Leucht/Nachtvisier für Gewehre 98 nach 1918 etwas geworden ist.
     
  16. Amberg

    Amberg Super-Moderator z.D. / Sponsor AbzeichenSumo AbzeichenSponsorNeu

    Sorry, aber das sind nur Vermutungen, die (noch) nicht belegt sind.
    Gibt es irgendwelche Erfahrungsberichte der Truppe zum Leuchtvisier?
    Patrick (@Military-Books1418 ) hatte mal interessante Dokumente zum Fliegerkorn, aber zum Leuchtvisier hab' ich noch nichts gesehen.

    Die Wehrmacht hat angeblich ein Leuchtvisier eingeführt. Steht in irgendeinem Buch (mit Foto), dem ich aber nicht wirklich traue.
    Von der Reichswehr ist mir über eine Einführung nix bekannt.

    Gruß
    Wolfgang
     
  17. Maxim

    Maxim Sehr aktives Mitglied AbzeichenUser AbzeichenSponsorNeu

    Hallo Wolfgang,

    Es ist etwas mehr als eine Vermutung

    Eckardt-Morawietz, Die Handwaffen des brandenburgisch-preußisch-deutschen Heeres schreiben auf S.197f:
    "Die Leuchtvisierung entsprach einem Wunsch der Truppe, aber der feuertaktische Wert war bedeutungslos.Bei einer Dämmerung, die das natürliche Visier und Korn noch einigermaßen erkennen ließen, war die Leuchtvisierung überflüssig. War die Dunkelheit noch weiter vorgeschritten...störte eine leuchtende Visierung nur, denn sie blendete das zielende Auge, so daß es in der Dunkelheit dahinter nichts mehr erkennen konnte, gegen wen es zielen sollte."

    Und Eckardt war als Angehöriger der GPK und später als zuständiger Referent in der IWG/Heereswaffenamt mMn eine aussagekräftige Quelle
     
  18. Amberg

    Amberg Super-Moderator z.D. / Sponsor AbzeichenSumo AbzeichenSponsorNeu

    Moin,
    eine Diskussion über die Brauchbarkeit eines solchen Visiers war hier nicht beabsichtigt und ist auch wenig zielführend zur Lösung meines ursprünglichen "Problems".
    Und ob dann die Aussage eines "Etappenhengstes" in einem Buch aus den 1950er? Jahren das Mass aller Dinge sein soll ....? Mir wären da ein paar Erfahrungsberichte von Fronttruppen lieber.

    Man sollte allerdings beachten, dass dieses Leuchtvisier nicht für einen Präzisionsschuss auf grosse Entfernungen gedacht war. Es war vielmehr eine Zielhilfe bei Dunkelheit auf (sehr) kurze Entfernungen.

    Gruß
    Wolfgang
     
  19. Maxim

    Maxim Sehr aktives Mitglied AbzeichenUser AbzeichenSponsorNeu

    Moin Wolfgang,

    mit solchen Etiketten ist man schnell bei der Hand. Schauen wir mal genauer.

    Eckardt war Berufsoffizier und bei denen ist der Wechsel zwischen Stab und Linie üblich.
    Eckardt war bei der GPK, 1914 Kompaniechefund zuletzt- gemäß ERL- Kommandeur des RIR 107.
    Auszeichnungen so das Übliche.
    In die Reichswehr übernommen, verantwortete er hier bei der Inspektion Waffen und Gerät, später eingegliedert ins Heereswaffenamt, das Thema Handwaffen.
    1927 pensioniert schrieb er dann regelmäßig bis zu seinem Tod 1945 für die Zeitschrift für Heereskunde über die Bewaffnung Preussen/Deutschlands.
    Andreas kann Dir vielleicht eine Übersicht über seine Aufsätze schicken.
    (Anmerkung: Die Heereskunde bestand in dieser Zeit vielfach aus Offizieren der "alten Armee", die die Aussagen eines Autoren aus eigenem Erleben bewerten konnten).

    Eckardts Buch ist das Destillat dieser aus dienstlichem Erleben heraus gemachten Erfahrungen und von Hauptmann (W) Morawietz überarbeitet und um das Thema Maschinengewehre ergänzt.

    Eckardt reflektiert in Bewaffnungsfragen, zumindest bis 1927, die Sichtweise der oberen Führung. Die neigt eher zur Beschönigung bei Sachen, die sie selber veranlaßt und zu verantworten hat. Das Selbstkritische, haben wir bestellt und bezahlt war aber "feuertaktisch bedeutungslos", ist da eher die Ausnahme.

    Ob sich da aus Graswurzel-Perspektive ein anderes Bild ergibt, wage ich zu bezweifeln.

    Wäre aber, bei fairer Gegenüberstellung der verfügbaren und noch zu entdeckenden Quellen, ein hübsches Aufsatzthema.

    Gruß
    T
     
  20. fuchsi

    fuchsi Sehr aktives Mitglied AbzeichenUser AbzeichenSponsorNeu

    Moin.
    Kenne noch solch ein "Leuchtvisier" von der Kaschi......1967
    Haben damit auch Nachtschießen geübt.
    Grüße
     
Helmut Weitze Deutsche Gesellschaft für Heereskunde Heeresgeschichten Military-Books 1418 IR 69 Deutsche Gefallene des 1. Weltkrieges RIR 68 Ordensforum Military-Books 1418 DGW Military-Books 1418